Auktion:Bier aus München, eiskalt

Auktion: Auf der Titanic speiste man Hühnchen à la Maryland, Glattbutt-Filets und Münchner Helles, während man in den Untergang dampfte.

Auf der Titanic speiste man Hühnchen à la Maryland, Glattbutt-Filets und Münchner Helles, während man in den Untergang dampfte.

(Foto: AP)

Vor 30 Jahren wurde das Wrack der "Titanic" entdeckt. Heute gibt es immer noch einen großen Markt für Devotionalien vom Dampfer - eine Speisekarte etwa soll nun ein Vermögen bringen.

Von Sophie Burfeind

Nach einem opulenten Mittagsmahl am 14. April 1912 steckte sich Abraham Lincoln Salomon die Speisekarte in die Tasche, wie man das eben so macht: zur Erinnerung, und um dann daheim vor Freunden ein bisschen zu prahlen. Von Diners auf hoher See mit Hühnchen à la Maryland, Glattbutt-Filets und einem Münchner Hellen, eiskalt natürlich - für einen New Yorker damals ein echtes Schmankerl. Dass sich Salomon mit dem Zettel ein kleines Vermögen einstecken würde, konnte er nicht ahnen.

Denn nur wenige Stunden später kollidierte die Titanic mit einem Eisberg und begann zu sinken, 1514 Menschen starben. Salomon aber konnte sich wie ein paar andere Passagiere der ersten Klasse auf das sogenannte Geldboot retten. Dieses Rettungsboot wurde so genannt, weil die Passagiere Gerüchten zufolge die Besatzung bestachen, um schnell vom sinkenden Schiff wegzufahren und keine Menschen mehr mitzunehmen.

Abraham Lincoln Salomon starb am 21. Mai 1959 im Alter von 90 Jahren und hinterließ seiner Tochter zwar ein beträchtliches Vermögen, nicht aber die besagte Speisekarte. Die gelangte über Umwege an einen Mann, der sie nun mit einigen weiteren Andenken Salomons beim New Yorker Auktionshaus Lion Heart Autographs verkauft. Die Versteigerung findet am 30. September statt. Der Verkäufer kann sich auf diesen Tag freuen, wird die Karte nach Schätzungen des Auktionshauses doch zwischen 50 000 und 70 000 Dollar (45 000 und 62 000 Euro) einbringen. Versteigert werden außerdem ein Ticket, das der Amerikaner aus den luxuriösen türkischen Bädern an Board mitnahm, sowie ein Brief. Allein das Ticket könnte weitere 10 000 Dollar einbringen.

So fasziniert der britische Luxusdampfer auch mehr als 100 Jahre nach seinem Untergang und 30 Jahre nach dem Fund des Wracks - am 1. September 1985 wurde es entdeckt - noch immer sehr viele (sehr liquide) Menschen. Immer wieder werden Andenken wie rostige Schlüssel, Tickets oder Speisekarten für horrende Summen versteigert. Eine Speisekarte des letzten Mittagessens kam schon vor drei Jahren unter den Hammer - für 91 000 Euro. Im vergangenen Jahr fand ein Brief einer britischen Passagierin, die wenige Stunden vor dem Untergang an ihre Eltern schrieb, einen neuen Besitzer - für 145 000 Euro.

Der chronische Hype ist längst institutionalisiert: In England gibt es mittlerweile ein Auktionshaus, das sich auf die Versteigerung von Devotionalien vom Luxusdampfer spezialisiert hat, und 2012 eröffnete in Belfast für 115 Millionen Euro das größte Titanic-Zentrum der Welt. Im selben Jahr wurden in New York beachtliche 5500 Überbleibsel des Luxusschiffes versteigert: Möbel, Geschirr, Koffer, Schuhe, Kleidung, Schmuck, Ferngläser und Postkarten. Der Wert der Sammlung wurde auf nicht minder beachtliche 145 Millionen Euro geschätzt.

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